Warum ist die stimme so tief nach einer durchzechten Nacht? Was kann ich gegen die Reibeisenstimme am morgen danach tun? Fragen mit besonderer Aktualität nicht nur nach Faschings- und Geburtstagsfeiern.
Joe Cocker ist für seine Reibeisenstimme berühmt. Für ihn gilt sie als Qualitätsmerkmal. Im Geschäftsleben kommt die tiefe, raue Stimme nach nächtlichen Exzessen manchmal weniger gut an.
Was die Stimme stark beeinflusst
Auch wenn ich persönlich Joe Cockers Musik sehr mag: Seine Stimme ist einigermassen kaputt. Sicher trägt einiges von dem Schuld daran, was auch Ihre Stimme schädigt, wenn Sie abends mal über die Stränge schlagen: Rauch, schreiend sprechen wegen der Hintergrundmusik, Alkohol.
Aber klingt die Stimme nicht am Morgen ohnehin immer etwas tiefer?
Die natürliche Ursache der tiefen Stimme am Morgen
Während des Schlafens fällt generell der Muskeltonus aller Muskelsysteme stark ab. Die Stimmbänder werden schlaffer und und dadurch länger. Die Stimme ist somit grundsätzlich am Morgen tiefer. Sie braucht ein Morgenräkeln oder Stimm-Jogging, damit sie auf Touren kommt.
Abhilfe schaffen:
- Streckübungen der Beine (eventuell schon vor dem Aufstehen!) und Räkeln der gesamten Wirbelsäule. So kommen Sie bedächtig in Schwung ohne Ihren Kreislauf unnötig zu belasten.
- Unter der Dusche machen Summübungen erstaunlich munter: Sanft und weich „mmmm“ klingen lassen.
- Für Fortgeschrittene: Glissando-Übungen. Von ganz hohen Tönen aus langsam fliessend in tiefe Lagen übergehen. Der Text dazu könnte sein „Die Jäger jagen im Walde“ (passt ja eventuell noch zum Abend davor).
- Viel trinken, aber diesmal Wasser oder Gemüsesäfte (alkalisch).
Zweite Ursache: Trockener Mund.
So unglaublich es klingen mag, viele Getränke (Bier, Cola, Kaffee, Red Bull etc.) entwässern, so dass paradoxerweise trotz abendlichen Trinkens der Organismus am Morgen danach rebelliert. Die Schleimhäute in Hals und Kehlkopf trocknen aus und beinflussen damit die Schwingungsfähigkeit der Stimmlippen. Diese schwingen somit langsamer – die Stimme wird tiefer.
- Viel trinken, siehe oben.
- Vorsicht, Filterkaffeetrinker: Wenn sich der Schlafmangel bemerkbar macht, besser kurz an die Frischluft gehen als zu oft an die Kaffekanne. Dem geballte Angriff von Reizstoffen und Koffein hält selbst die beste Stimme nicht lange stand.
Dritte Ursache: Rauch und Alkohol
Die Schleimhaut im Kehlkopf ist empfindlich – und schnell beleidigt. Wenn Rauch auf dem Weg zur Lunge durchzieht, schützt sie sich, indem sie mehr Schleim produziert. Raucht es oft im Hals, verändert sich die Schleimhaut zum Schutz, sie wird dicker. Somit schwingen die Stimmlippen langsamer – die Stimme ist tiefer und meist rau.
Ähnliches gilt für starke Gewürze und Alkohol. Immer wenn Sie schlucken, gerät ein kleines Tröpfchen des Geschluckten unter den Kehldeckel in den Stimmapparat und beeinflusst so die Stimme. Wenn Sie Wasser trinken, ist das sehr angenehm – wenn Sie Pfeffer essen oder Schnaps trinken, bleibt Ihnen kurz die Stimme weg.
Mögliche vierte Ursache: Nächtlicher Reflux
Der Rückfluss von Magensäure bis in den Kehlkopf während des Schlafes bleibt oft unbemerkt. Dies kann chronische Entzündungen und Schleimfehlbeschaffenheit (Dyscrinie) bewirken. Dadurch entsteht Heiserkeit und Stimmveränderung. Reflux ist erstaunlich weit verbreitet.
- Bei Reflux ist ärztliche Hilfe geboten.

Nachsatz
Ein gesunder Mensch mit Hausverstand, gutem Körpergefühl und genug Information über seine Funktionen, mit Lebens-, Sprech- und Singlust kann viele „Sünden“ in puncto Feiertagsessen, Trinken, Rauchen, Schreien, Räuspern, Flüstern, Haltungsfehlern, etc… aushalten und kompensieren. Fasching ist ja nur einmal im Jahr…
Arno Fischbacher ist Wirtschafts-Stimmcoach, Rhetoriktrainer, Redner und Autor. Er trainiert Vorstände, Führungskräfte und Mitarbeiter zu den Themen Stimme, Sprach- und Medien-Kommunikation. Arno Fischbacher ist Vorstand und Inhaber der Plattform www.stimme.at
Arno Fischbacher im Internet
arno-fischbacher.com
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