Laut oder verständlich sprechen?

Arno Fischbacher

Wie „laut“ Sie beim Sprechen von anderen wahrgenommen werden, hängt genau genommen viel eher von Faktoren wie „verständlich“, „gerichtet“, „anregend“, oder „kraftvoll“ ab. Ganz besonders kommt es auf das Volumen Ihrer Stimme an, also auf die Art des Klangs.

Würde es Sie überraschen zu hören, dass das Wort „Lautstärke“ im professionellen Stimmtraining kaum eine Rolle spielt?

Mancher Klang trifft ins Ohr

Hätten Sie gewusst, was Handy-Klingeln, Baby-Quengeln und die Wortmeldung eines geschulten Sprechers gemeinsam haben? Richtig – man kann es nicht überhören!
Woher kommt das aber, werden Sie nun vielleicht fragen, dass bestimmte Geräusche, Klänge und Stimmen immer mitten ins Ohr treffen? Und das, ob wir es wollen oder nicht – siehe Handy? Die Lösung des Rätsels hat sich in Ihrem eigenen Ohr versteckt. Denn nicht alle Klänge und Geräusche gelangen gleichberechtigt an Ihr Trommelfell. Vorher müssen sie durch den äußeren Gehörgang. Das ist diese kurze „Röhre“, die wir mit dem Finger vorsichtig erkunden können. Hier entscheidet sich bereits, ob das Geräusch oder das Wort Ihre Aufmerksamkeit erlangen wird, oder nicht.

Tarä! Tarä Tätä!

Erinnern Sie sich? Hatten auch Sie als Kind die Klopapierrolle als Megaphon verwendet? Wie Ihre Stimme dann merkwürdig verzerrt klang! – Den selben Effekt bewirkt der äussere Gehörgang. Durch seine besondere Form wird ein ganz bestimmter Teil des Gehörten verstärkt. Es sind Frequenzen zwischen 2.000 und ca. 4.000 Hertz, die bis zum 40fachen (!) verstärkt werden.
Sie haben es nun sicher bereits erraten. In diesem Frequenzfenster quängeln Babys, nerven Handys – und überzeugen gute Sprecher!

So nutzen auch Sie den „Handy-Effekt“:

Zeitbedarf: 3 Minuten

Machen Sie’s wie die Profimoderatoren! Lassen Sie vor dem Sprechen den „Motor warmlaufen“, drehen Sie eine geheime Aufwärmrunde vor dem Start. Sichern Sie, dass Sie dabei ungestört sind.

Aktivieren Sie Ihren Gestik-Raum

Nur zehn Sekunden genügen: Strecken Sie Ihre Hände und Arme zur Seite, nutzen Sie in bedächtigen großen Bewegungen Ihren gesamten Bewegungsradius der Arme. Bewegen Sie sich langsam, wie in Zeitlupe. Lassen Sie langsam Ihre Bewegungen immer grösser und ausladender werden. Genießen Sie das Gefühl der Befreiung, des Raums.

Stumme Zwerchfellgymnastik:

Zehn mal ganz bedächtig das linke Knie gegen die rechte Schulter bewegen. Es genügt, die Bewegung anzudeuten. Wieder bewegen Sie sich betont langsam, geniessen jede Regung. Wichtig: Spüren Sie die Aktivierung im Kreuz. Sie aktivieren so Ihr Zwerchfell und Ihr Kraftzentrum in der Lendenwirbelsäule.

Zwerchfell aktivieren durch „Hummelflug“

Einfach, aber effektiv: Lassen Sie akustisch eine dicke Hummel von ihrem Rastplatz auffliegen und eine kurze Ehrenrunde drehen: „Wwwwww!“

Stimme aufwärmen:

10 Sekunden wie ein Bienenschwarm summen, 10 Sekunden mit sich selbst laut Plappern, Blödeln. Alle Hemmungen für einen Moment ablegen, Lachen (und Spucken!) ist ausdrücklich erlaubt. Das fördert Ihre Artikulation, aber auch Ihre Souveränität, Ihr Selbstbewusstsein und Ihre Konfliktfähigkeit.

Achten Sie nun darauf, dass Ihre Kleidung (Schminke, Frisur, Krawatte…) wieder richtig sitzt, und: Mit Elan hinein in das Gespräch oder die Präsentation!

Arno Fischbacher ist Wirtschafts-Stimmcoach, Rhetoriktrainer, Redner und Autor. Er trainiert Vorstände, Führungskräfte und Mitarbeiter zu den Themen Stimme, Sprach- und Medien-Kommunikation. Arno Fischbacher ist Vorstand und Inhaber der Plattform www.stimme.at