Die menschliche Stimme definiert sich aus physiologischen und psychologischen Faktoren. Unser gesamtes Nervensystem ist auf Überlebensstrategie programmiert.
Dazu ein simpler Übungsablauf für den Alltag:
- Wir setzen eine Hand leicht oberhalb des Bauchnabels auf und spüren das ruhige Auf und Ab unserer Bauchdecke, synchron zur Ein- und Ausatmung, die sich von selbst ergibt.
- Mit der Zeit lassen wir entspannt und indifferent unsere Stimme einfließen, indem wir beispielsweise seufzen. Die Atem-Mittellage bleibt bestehen.
- Dies verbinden wir mit irgendeiner Emotion, z. B. Freude. Je mehr wir in die Emotion hineingehen, desto bewegter wird das Zwerchfell.
- Wir imaginieren irgendeine Situation, beispielsweise die, dass ein geliebter Mensch unerwartet vor uns erscheint, mobilisieren unsere Spontanenergie und bilden Reflexlaute wie „ah“ oder „oh“ oder „hei“.
Dabei richten wir uns sinnlich auf und machen uns innerlich und äußerlich groß. Für die Resonanz unserer Stimme sorgt nicht primär der Atemdruck, sondern die Bewegtheit unseres Zwerchfells.
Daran sind alle Resonanzbereiche oberhalb des Kehlkopfs (Rachen, Mund-, Nasen- und Stirnhöhle) beteiligt. Dazu die Mundöffnung, die Lebendigkeit der Oberlippe, die Entspanntheit und Beweglichkeit der Zunge und auch die Lockerheit des Unterkiefers. Das Strahlen der Augen, die Mimik im Ganzen. Die komplette Psychosomatik.
All dies geschieht im Reflex. Eine essenzielle Voraussetzung für eine natürliche, gesunde Stimmfunktion stellt folglich die Bereitschaft dar, immer wieder im Sinne der atemrhythmisch angepassten Phonation (AAP) Spontanenergie zuzulassen.
stimme.at-Autor: Gerhard Doss
Foto: Jonathan Sebastiao auf Unsplash