In Trainings und Coachings begegnet mir immer wieder eine Frage: „Wie machen das professionelle Redner, dass ihre Vorträge so natürlich wirken?“ Meine Antwort ist meist: „Sie bereiten sich sehr gut vor, trainieren viel und überlassen kaum etwas dem Zufall.“ Verständlicher Weise ist diese Antwort nicht beliebt und gefolgt von der Frage: „Aber wirkt das dann nicht wie einstudiert und künstlich?“ „Nein, denn es ist so gut vorbereitet, dass Niemand dies erkennen kann.“

Passender Weise hatte ich vor Kurzem zu diesem Thema ein Erlebnis. Ich besuchte das Konzert eines berühmten und sehr erfahrenen Sängers, einem „Altmeister des Austro-Pop“. Leider wurde er von einem Erkältungsvirus in die Knie gezwungen und es blieb ihm nichts Anderes übrig, als zur Pause das Konzert abzubrechen. Trotz viel Erfahrung und medizinischer Behandlung versagte seine Stimme. Das Publikum wurde entschädigt mit der Ankündigung eines Ersatzkonzerts.

Nach ein paar Wochen fand nun dieses Ersatzkonzert statt, nachdem der Sänger wieder zu seiner vollen Stimmkraft gekommen war. Nun ist dieser Sänger auch bekannt für seine politischen und gesellschaftskritischen Äußerungen, die er kurz, prägnant und pointiert zwischen den einzelnen Hits seinem Publikum präsentiert. Da ich den ersten Teil des Konzerts ja bereits schon einmal gehört hatte, war ich zuerst sehr überrascht, dass nun bei der Wiederholung die Moderationen bis auf wenige Worte genau die Gleichen waren, wie bei der ersten Aufführung. Doch dann wurde mir bewusst, wie professionell und wertschätzend seinem Publikum gegenüber diese präzise Vorbereitung ist. Diese ganze Show war bis ins kleinste Detail durchgeplant und vorbereitet. Und das so gut, dass es dem Publikum beim ersten Mal überhaupt nicht so vorkommt. Vielmehr hat es die Wirkung, als sei dies völlig spontan und natürlich. Große Hochachtung!

Vorbereitung gibt Sicherheit

Nur so funktioniert es. Viele Menschen fühlen sich dabei unwohl, vor einer Gruppe zu stehen und eine kurze Rede zu halten. Sie haben mit Nervosität zu kämpfen und sind unsicher.
Gut vorbereitet zu sein und genau zu wissen, was man wie sagen möchte, birgt eine ungemeine Sicherheit in sich. Sie kennen zu 100 Prozent den „Fahrplan“ und können sich darauf verlassen, dass sie sogar bei Störungen und kurzen „Abschweifungen“ wieder zurückfinden. Die Sätze sind ihnen so präsent, dass sie diese wieder mit „eigenen“ Worten verzieren können. Und der Vortrag wirkt auf das Publikum natürlich, locker und authentisch.

Von einigen Top-Speakern ist bekannt, dass sie für jede Minute eines Vortrags, im Gesamten sogar mehrere Stunden dafür üben. Kleine Randnotiz: Diese erklärt vielleicht auch, warum manche dieser Top-Speaker so gut verdienen.

Probieren sie es doch selbst aus und überlassen sie den Erfolg ihres nächsten Vortrags nicht dem Zufall. Es wird sich lohnen.

Reiner Philipp Kais ist Countertenor und Trainer für Stimme, Sprechen und Präsentation.